HERKUNFT

Leseprobe "Etwas Ungewöhnliches"
aus "Indien-Impressionen"
© Klaus Schumacher, Berlin 2006

Zweimal schon habe ich mir am gleichen Fuß die gleiche Stelle am großen Zeh aufgehauen, beim zweiten Mal schon schlimmer als beim ersten. Diesmal habe ich angesichts von zuviel Gier die Flucht ergriffen. Auf der mondbeschienenen Dachterrasse unseres guesthouses will ich angewidert hinwegeilen, übersehe aber dabei einen Vorsprung, der sich aus dem Boden erhebt. Ich bin barfuß, donnere mit dem ungeschützten Fuß mit der Spitze des Zehs gegen die Schräge mit dem körnigen Beton und Autsch! habe ich mir die Haut weggerissen, es blutet sofort. Das sieht nicht gut aus.
Mit einer entzündeten Wunde werde ich keinesfalls die mehrtätige Fahrt mit dem Schiff antreten und auf die abgeschiedenen Andamanen fahren. Um kein Risiko einzugehen, verzichte ich nicht nur am nächsten Tag darauf, Mamallapuram zu erkunden, sondern ich begebe mich auf der Stelle unter mein Moskitonetz und bleibe bis zum Ende des folgenden Tages darunter, um auszuschließen, das sich eines von diesen kleinen, geflügelten Mistviechern auf die Wunde setzt. Das erlaubt mir, die Verletzung offen zu lassen, vollkommen ungeschützt, so daß sie viel schneller trocknen und heilen kann. Den Tag darauf verbringe ich ausschließlich auf dem Dachgarten, fernab vom Straßendreck; noch einen Tag später erkunde ich bereits Mamallapuram, ich bin mir sicher, daß meine Verletzung nicht mehr problematisch werden kann.
Als ich auf dem kleinen Hügel neben dem Leuchtturm stehe, entdecke ich in der Ferne etwas, was mein fotografisches Auge maßlos reizt. Ich kann absolut noch nicht erkennen, was das da ist, ich weiß nur, daß ich dorthin muß. Zwanzig Minuten später befinde ich mich in einer Kulissenstadt für Dreaharbeiten. Sie ist gerade im Abbruch begriffen, was ihr ein äußerst surreales Erscheinungsbild verleiht. Ich freue mich, eine Reihe von Aufnahmen hinzubekommen. Endlich einmal etwas Ungewöhnliches! (5.1)

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