Leseprobe
"Ritual mit einem Sadhu"
aus "Indien-Impressionen"
©
Klaus Schumacher, Berlin 2006
Im Osten ist der Vollmond bereits aufgegangen und im Westen versinkt gerade blutrot die Sonne. Wir sind an einen schönen Flecken außerhalb des Ortes gefahren, vor meinen Augen erhebt sich majestätisch der heilige Berg Arunachala. Der Sadhu hat eine Reihe von Dingen besorgt, die er nun auf dem Boden ausbreitet. Drei dafür geschaffene Tonschalen füllt er mit Öl, steckt je einen Docht hinein und zündet die drei Öllampen an. Sie stehen für drei der vier Götter, keine Ahnung, warum der vierte Gott hier unter den Tisch fällt. Er zündet zwei Bündel Räucherstäbchen an, weht den Rauch in die Himmelsrichtungen, wobei er Gebete spricht, umräuchert nun mich und steckt die Bündel schließlich in die beiden äußeren der unzertrennten Bananen - ein natürlicher und umfallsicherer Halter für ganze Bündel von Räucherstäbchen! Meine Hose muß ich ausziehen, ich bekomme statt dessen einen Lunghi in seiner einfachsten Form, nämlich einem Stück Stoff, mit dem ich mich hüftabwärts umwickele. Mit grauweißer Asche weißt er mir die Stirn, darauf kommt dann noch, in Höhe des dritten Auges, rot und safrangelb, und auch auf Unterarme und Unterschenkel kommen rote und gelbe Streifen, sogar aufs Haupt läßt er mir von den Farbkrümeln rieseln. Nun nimmt er eine wundervolle, imposante Blumengirlande und hängt sie mir um - sie reicht mir bis zum Schritt -, begleitet von Verneigungen und Ritual. Mit einem Blatt versprengt er etwas Wasser. |