HERKUNFT

Leseprobe "Gabi" aus "Unterwegs in Ghana"

Als Gabi Mitte dreißig nach Afrika kam, war sie eine attraktive Frau, mit viel Busen und viel Po, dazwischen schlank, der Traum von Latino-Männern, wie sie selber sagt. Hier auf dem schwarzen Kontinent hatte sie mehrere schwarze Lover, der vierte und letzte ist Alex, der schon leicht ergraute Raster-Mann, der mich vor ein paar Tagen am Strand angesprochen hatte. Doch seit fünf Jahren läuft zwischen den beiden sexuell nichts mehr, denn Folgendes war passiert: Es war immer Alex gewesen, der abends ausging, jede Nacht, wogegen Gabi stets zu Hause blieb. Nur einmal, Gabi war wohl von Freunden aus Deutschland, die zu Besuch waren, abends eingeladen worden, wollte auch Gabi einmal ausgehen. Allerdings musste jemand zu Hause bleiben, weil sonst mit Sicherheit eingebrochen worden wäre. Und da die Hausboys schon Feierabend hatten und auch das Hausmädchen nicht mehr da war, musste einer von dem Paar, das Gabi und Alex waren, das Haus hüten und das war bislang immer Gabi gewesen. Doch Alex sah nicht ein, dass auch er einmal zu Hause bleiben sollte. So gingen die beiden zankend durchs Dorf, andere Leute bekamen von dem Streit mit und einige höhergestellte Frauen des Ortes stellten sich eindeutig auf Gabis Seite und erzählten Alex gehörig, dass er an diesem Abend einmal zu Hause bleiben müsse. Nachts fand sich Gabi in Beobachtung von drei von Alex' Freunden wieder, bis es ihr zu bunt wurde und sie sie wegschickte. "Ich kann auf mich selber aufpassen!" Es wurde eine lange Nacht, morgens um vier bekamen Gabi und ihre Freunde Hunger und trieben irgendwo etwas zu essen auf und erst morgens kam sie nach einer überaus fröhlichen Nacht nach Hause. Alex empfing sie mit sehr langem, verdrossenem Gesicht. Dann ging er in den Ort. Als er wiederkam, war er sehr aufgebracht und machte sie an: "Und dann bist du morgens mit diesem Kerl in die Büsche gegangen und hast's mit ihm getrieben, und als du mit ihm fertig warst, hast du's noch mit zwei anderen getrieben. Und alle haben es gesehen!" Und er fügte hinzu: "Du hast jetzt garantiert AIDS, darum werde ich nie wieder mit dir vögeln!" Zwei Wochen später kam er eines Morgens dann doch noch einmal zu ihr ins Bett gekrochen, bei ihm regte sich etwas, doch Gabi sagte kein Wort und deutete ihm nur mit den Fingern: "Du? Du nicht mehr! Mach dich fort!" Seitdem sind sie nur noch Partner. Beide sind voneinander enttäuscht. Sie hat ihm einst ein Taxi geschenkt, damit er damit Geld verdienen könne, aber er hat es nicht dazu genutzt. Anfangs, als das eigene Domizil noch nicht fertig war, wohnten Gabi und Alex zwei Jahre lang im Hause des reichsten Fischers, zusammen mit seinen vier Frauen, seinen 30 Kindern und einer seiner gelegentlichen Konkubinen. Die Frauen wetteiferten um die meisten Kinder von ihm und gebärten fleißig. Mehr Kinder von ihm bedeutete mehr Geld. "Warum kriegst du denn kein Kind von Alex?" fragten sie Gabi nach eineinhalb Jahren neugierig. "Ich will keins." "Aber das spielt doch keine Rolle, ob du eins willst oder nicht, du kriegst es doch einfach!" "Nein", sagte Gabi, "denn ich nehme Tabletten dagegen." "Tabletten?" Die Frauen kicherten ungläubig. "Tabletten sind doch etwas gegen Krankheiten, Kinder dagegen sind ein Segen, wie kann es Tabletten gegen Segen geben? Kann also nicht stimmen, was du sagst." Gabi ging mit ihnen zu Elisabeth, der Krankenschwester, die auch eine winzige Apotheke betreibt, und zeigte ihnen die Tabletten. Das Lachen verstummte und in Zukunft lehnten sie Gabi ab. Die Dorfbewohnerinnen konnten Gabis Einstellung überhaupt nicht nachvollziehen. Für sie war Gabi seitdem eher eine Bekloppte. Eine von den Frauen des Fischers allerdings sagte zu Gabi: "Du bist unzufrieden mit Alex? Nimm doch diesen Mann hier, der ist fleißig und wird sogar mit dir nach Deutschland gehen." Der, den sie empfahl, war ihr Sohn und sie hatte Gabi ohnehin falsch verstanden, denn Gabi war nicht in Ghana, weil sie in Alex verliebt war, sondern sie war mit Alex zusammen, weil sie ohnehin in Ghana lebte. An einem Mann, der nur scharf darauf war durch sie nach Deutschland zu kommen, war sie nicht interessiert. Doch auch zu Alex ging diese Frau und sagte zu ihm: "Du bist mit Gabi nicht zufrieden, weil sie dir keine Kinder gebärt? Nimm doch diese Frau hier, die hat Lust auf Kinder von dir!" Alex, dem die Leute deutlich hofierten, weil er die dicke weiße Kuh gefangen hatte und nun melken konnte ("Alex, du kriegst doch sicher bald ein Auto und ein Haus!"), und Gabi, die man fast ignorierte, während man Alex beim gemeinsamen Gang durch den Ort die Hände entgegenreckte, sprachen miteinander und fanden das Intrigenspiel der Frau heraus. "Sag es nicht ihrem Mann, dem Fischer," riet Gabi, doch Alex beklagte sich beim Fischer über das widerwärtige Intrigenspiel von dessen vierter Frau und der Fischer nahm sie sich gehörig zur Brust, schlug sie sogar. "Wie dumm von dir, Alex," schalt Gabi, "wir müssen doch noch ein halbes Jahr mit ihnen wohnen, das vergiftet doch nur die Atmosphäre!" Und tatsächlich, die vierte Frau des Fischers hat seitdem nicht mehr mit Gabi geredet. Doch während ihres ersten Jahres in Busua war Gabi selber schon kräftig ins Fettnäpfchen getreten. Ein Onkel von Alex war Palmweinmacher, von jeder Charge musste er zwangsläufig kosten, das nun schon seit bereits 25 Jahren, das geht auf die Leber, und eines Tages wurde er von der Familie aufgeregt zum Voodoo-Heiler getragen. Gabi bekam das mit, sah die blutunterlaufenen Augen des Mannes, sah seinen geschwollenen, harten Bauch, mit dem er hochschwanger aussah, und setzte sich kräftig in Szene. "Dieser Mann muss sofort ins Krankenhaus, sonst stirbt er gar noch!" Die Verwandten nickten, und Gabi fuhr den kranken Onkel nebst diverser Verwandter ins Krankenhaus. Den Arzt dort kannte sie. "Da hast du ja etwas Schönes angerichtet!" sagte der Arzt, nicht gerade erfreut. "Das ist ein schwerstkranker Mann, der schon so gut wie im Sterben liegt. Die Medizin, ihm zu helfen, ist teuer, wahrscheinlich hilft sie nicht einmal mehr und wenn er wirklich durchkommt, wird er glauben, er ist gesund und da er Alkoholiker ist, wird er weitertrinken und in kürzester Zeit wieder hier landen. Und natürlich erwartet die Familie von dir, dass du die Kosten der Behandlung trägst." "Verflixt," sagte Gabi, "das ist ja eine schöne Bescherung!" Sie versuchte mit den Verwandten übereinzukommen. "Wir alle müssen die Kosten zusammen tragen, ich trage auch mit dazu bei." Doch die Verwandten lehnten ab. "Wenn er schon einmal hier ist, gebe ich ihm als erstes etwas gegen seine fatale Verstopfung", sagte der Arzt. Am nächsten Morgen begrüßte er Gabi mit den Worten: "Brauchst dir keine Sorgen mehr zu machen, nicht einmal das hat er überlebt." Der Voodoo-Heiler war sauer, weil Gabi ihn eines Kunden beraubt und seine Fähigkeiten angezweifelt hatte. Von allen Familienangelegenheiten einschließlich Zusammenkünften hält Gabi sich seitdem fern. Wenn etwas in der Familie ansteht, schickt sie Alex hin und lässt ihn ihre besten Wünsche überbringen, das war's aber auch schon.

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