HERKUNFT

Leseprobe "mitten im Regenbogen"
aus "Von Buenos Aires nach Ayahuasca"
© Klaus Schumacher, Berlin 2006

Wir stehen mitten in einem Regenbogen, unter uns ein Katarakt. (16) Wasser stürzt unter unseren Füßen tosend in die Tiefe. Gischt spritzt und hüllt uns ein. Und dann fangen wir Schmetterlinge, wunderschöne Schmetterlinge, in abgefahrenen Formen, Farben und Größen. Einige haben vier Flügel, die sie, sobald sie sich gesetzt haben, kompakt zusammenfalten und nun viel kleiner aussehen als wenn sie fliegen. Sie rotieren dann leicht mit den äußeren Flügeln, was sehr verwirrend aussieht. Wenn man sich ihnen mit der Hand in einer bestimmten Geschwindigkeit nähert, schafft man es ganz einfach, daß sie sich einem auf die Finger setzen. Wer die meisten Schmetterlinge auf den Händen, auf den Armen oder gar im Gesicht sitzen hat, der hat gewonnen! (17) Gestern haben wir damit angefangen, und viele Leute haben gelächelt, wenn sie uns mit Schmetterlingen entgegenkommen sahen. Heute scheint das Schule gemacht zu haben und wir sehen ganz viele Besucher, die sich mehr auf die Schmetterlinge konzentrieren als auf die Wasserfälle. Wir sind in Iguazú. Der Río Paraná fällt hier in zwei unmittelbar aufeinanderfolgenden Stufen 75 Meter in die Tiefe, zerfasert dabei auf einer Breite von mehr als zwei Kilometern in mehrere hundert kleinere und größere einzelne Fälle. (18) Auf mehreren Ebenen gelangt man an die Fälle heran. Auf der oberen spaziert man über Kanten hinweg, an denen das Wasser des bis dahin träge fließenden Paraná abrupt in die Tiefe stürzt. Auf anderen Stegen kommt man ganz nah an Stellen heran, wo Fälle unten auftreffen, eingehüllt in ewige Gischt, schon nach ein paar Sekunden ist man ganz naß, ich wundere mich, wie es die Argentinier überhaupt geschafft haben, die Stege so nah an Stellen solcher Urgewalten heranzubringen. (19) Lange sitzen wir auf einem Felsen und geben uns dem Schauspiel des stürzenden Wassers und dem gleichbleibenden Tosen hin. Puerto Iguazú (20) hingegen, der argentinische Ort nah bei den Fällen, ist touristisch und westlich, langweilt uns, kommt mit dem exotischen Flair von Indien, Südost-Asien oder Ghana nicht annähernd mit.

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