HERKUNFT

Leseprobe "Quebrada del Toro"
aus "Von Buenos Aires nach Ayahuasca"
© Klaus Schumacher, Berlin 2006

Die Tour durch die Quebrada del Toro (120) (Stierschlucht) nach San Antonio de Los Cobres überzeugt nicht so recht. Die Quebrada ist verdammt öde, und San Antonio ist ein trostloses Nest in 3900 m Höhe. Unterwegs kreuzen wir zahllose Male die Schienen der berühmten Eisenbahntrecke. An der ersten spektalulären Brücke über eine breite Schlucht machen wir kurz halt. (121) Wenig später sehen wir eine weitere Brücke, an deren Fuß sich ein Friedhof befindet. Dort liegen die Arbeiter begraben, die beim Bau der Linie, oder zumindest dieser Brücke, umkamen, meist Indios. Damals gab es noch keine Sicherheitsvorkehrungen wie etwa das Anseilen. Ja es gab nicht einmal eine genaue Erfassung der Verunglückten. Wer umkam, wurde begraben, basta. Wieviele umkamen, das weiß niemand. Doch eines ist sicher: wenige waren es nicht.
In rund 3000 m Höhe befindet sich ein Prä-Inka-Ort, etwa 3000 Menschen lebten hier, und ich frage mich, was sie wohl machten, hier in dieser Öde, wo nichts wächst außer vereinzelten Grasbüscheln und ein paar Kakteen. (122)
In 4080 m Höhe ist der Anstieg zuende. Wir haben den Altiplano erreicht, eine 4000 Meter hohe Ebene mit reichlich Sechstausendern darin.
Wir kommen an einer stillgelegten Kupfermine vorbei. Hinter der nächsten Kurve, gerade mal eben außerhalb der Sicht des Minengeschehens, befindet sich der Friedhof der Mine. Dort liegen die Arbeiter begraben, die in dieser Mine verunglückten. Mein Blick schätzt rund drei Dutzend Gräber ab.
In 4200 m Höhe endet unser Weg dann an der spektakulärsten Brücke des Trajektes, die in Eiffelturmbauweise in 64 m Höhe eine 200 m breite Schlucht überspannt. (123)
Kaum daß wir die Rückfahrt antreten, schlägt das Wetter um, schon sind dunkle Wolken aufgezogen. Der Fahrer ist froh, daß wir die Stellen, wo wir ein Stück längs durch ein Flußbett fahren müssen, passiert bekommen, ehe es zu regnen beginnt, denn wenn der Fluß Wasser führt, kommt das Auto nicht mehr durch.
San Antonio wirkt bei düsterem Himmel noch abstoßender als zuvor, die Trostlosigkeit dieses Ortes ist kaum noch zu überbieten. Die Berge haben sich in finstere Silhouetten verwandelt, lange Blitze zucken, gefolgt von schier endlosem Rumpeln. Es ist rapide abgekühlt, ein kräftiger Wind bläst jetzt, auch die übergezogene lange Hose, ein Hemd und die Windjacke können ein Frösteln nicht verhindern.

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